Mein Urgrossvater Emanuel Schmid führte eine Fuhrhalterei im Bündner Oberland und stellte somit ein Konkurrenzunternehmen zur eidgenössischen Post dar.
Es handelte sich um einen Ein-Mann-Betrieb, gefahren wurden die Gäste zweispännig in der Kalesche und später im Landauer. Gab es keine Personen zu befördern, wurden Güter wie Wein oder Holz vom Süden über die Pässe nach Norden transportiert.
Neben wenigen Fotos ist ein Referenzbüchlein erhalten, das der Fuhrhalter seinen Gästen jeweils vorlegte. Darin waren auch die offiziellen Preise für die häufigsten Routen im Kanton Graubünden aufgelistet. Im Gegensatz zur Post durften private Fuhrunternehmen auf den Strecken keine Pferdewechsel vornehmen, was sie somit gegenüber der Post benachteiligte.


Handschriftliche Einträge ins Referenzbüchlein von Emanuel Schmid (links von W.C. Röntgen aus Würzburg):

1897 schrieb Röntgen folgendes:
Die am 28. September 1890 ausgesprochene Hoffnung ist in Erfüllung gegangen, indem wir seither in jedem Jahr
nur mit Herrn Emanuel Schmid die grossen Touren gefahren sind. Diesmal wünscht Herr Schmid die
Bescheinigung darüber, dass wir folgende Reise mit ihm vom 13. bis 20. September des Jahres gemacht haben:
Pontresina, Schuls, Landeck, Zirl, Mitten, Wald, Partenkirchen, Lindenhof, Füssen. (Anmerkung: Ca. 280 km)
Auf Wiedersehen im nächsten Jahr.
Dr. W.C. Röntgen u. Frau

Vom 20. bis 25. September 1890 ebenfalls knapp 300km

Empfehlungen in verschiedenen Sprachen mit wunderbaren Schriftbildern

Von Thusis über den Julierpass, Berninapass, Stelviopass nach Bozen, 320km. Auf der folgenden Seite beschrieben drei Fräulein Petersen
aus Kopenhagen fast dieselbe Reise wieder zurück nach St. Moritz.
Das Büchlein umfasst ca. 70 Seiten voller interesanter Einträge von Gästen aus aller Welt.
Mein Urgrossvater lebte von 1854 bis 1924, hatte zuhause Frau und 7 Kinder, war aber fast die ganze Zeit mit reichen Gästen auf Reisen unterwegs.
Zum Vergleich: 1879 kostete die Fahrt von Chur über den Splügenpass bis nach Innsbruck im Vierspänner 1’000.- SFr, der Normallohn eines Wagners war 0.45 SFr. pro Stunde, was ein Monatsgehalt von ca. 100.- SFr. ausmachte. Von den 1883 an der Landesausstellung in Zürich ausgestellten Kutschen (dies waren nur die besten) kostete ein Spyder 700.- SFr., ein Mylord 1’600.- SFr., ein Landauer 2’150.-SFr.

Hier eines der wenigen Bilder vom Gespann mit dem Landauer, der erst ca. 1910 angeschafft wurde.